Gedächtnisprotokolle und Protestbriefe des Vaters gegen die Nichtzulassung des Sohnes Stefan Gehrt zur Erweiterten Oberschule aufgrund dessen Verweigerung des Schießens im Sportunterricht der 8. Klasse, Radebeul 1971.
Kirchliche Drucksachen zur Vorbereitung auf den Dienst bei den Baueinheiten der Nationalen Volksarmee (NVA) als Bausoldat (BS) und zur kirchlichen Friedensarbeit 1981 bis 1987.
Materialien von Stefan Gehrt als Bausoldat in Prora 1983 bis 1985: Briefe an die Familie mit Beschreibungen des Kasernenalltags, Arbeitseinsätzen und Arbeitsbedingungen; Eingaben von Gehrt und anderen BS zu Gelöbnisverweigerung, disziplinarische Maßnahmen, Befehle u.a.; Kulturprogramme der BS; Materialien der Vorbereitung, Durchführung und der Anfechtung der Gültigkeit der Kommunalwahl am 6. Mai 1984 zum Kreistag Rügen; Protokolle und Korrespondenz rund um die Aussprache von BS mit Armeegeneral Heinz Hoffmann am 11. Juli 1984.
Materialien aus der Weiterarbeit an der Wehrdienstproblematik und christlichem Friedensengagement 1985 bis 1987, wie ein Erfahrungsbericht der Initiativgruppe Zusatzmonat 1985, Briefe und Positionsbeschreibungen von BS 1985, Beiträge ehemaliger BS zum konziliaren Prozess 1987, Konzeption von Informationsabenden zu Wehrdienstfragen 1987.
Korrespondenz, Leserbriefe und Eingaben von Stefan Gehrt vom Herbst 1989 zur Entwicklung von Wirtschaft, Reiseverkehr, Demokratie, freie Meinungsäußerung, Rechtssicherheit der Bürger und Führungsanspruch der SED.
Wahlprogramme zur Kommunalwahl Dresden März 1990.
Persönliche Korrespondenz Gehrts zur Thematik Aufarbeitung und Vergangenheitsbewältigung mit Reflexion zur Deutschen Wiedervereinigung 1991 bis 1992.
Briefe und Zeitungsartikel aus Gehrts Engagement gegen Eurofighter 2000 von 1994 bis 1997 und gegen Militärmusiker in der Dresdner Frauenkirche 2014.
Grund, Petra [Möhl](Privatsammlung)
Laufzeit: 1986 - 2002
Bezugsorte: Jena
Umfang: 0,4 lfm.
Signatur: P-GP
Die Sammlung der Jenenserin Petra Grund (geb. Möhl, 1960 bis 2024) enthält im Kern die Arbeitsunterlagen der Gruppe und gleichnamigen Veranstaltungsreihe Künstler für Andere von deren Gründung 1986 bis zum Jahr 1990. Die Akteure, darunter Grund, entwickeln 1986 ein Format konkreter Solidaritätsarbeit für die Dritte Welt jenseits der nicht transparenten Solidaritätskampagnen der SED. Die Gruppe organisiert Auftritte kritischer Autoren, Musiker und Schauspielgruppen, welche ohne Gage im Rahmen der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Jena auftreten und nutzt dabei ihre Kontakte zu oppositionellen Netzwerken wie etwa der Offenen Arbeit (OA) der Evangelischen Kirche. Die Erlöse aus den Veranstaltungen fließen meist in Projekte des INKOTA-Netzwerkes – oder aber in alternative Projekte aus dem Umfeld der Gruppe wie die Wohngemeinschaft Körperbehinderter in Hartroda. Auch werden die Veranstaltungen genutzt, um aktuelle Ereignisse wie die Verhaftungen bei der Hausdurchsuchung der Berliner Umwelt-Bibliothek 1987 oder die Verhaftungen am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin, bekannt zu machen.
Im Bestand enthalten ist das Schild „Künstler für Andere. Projekte – Alternativen – Solidarität. Die Ev.-Luth. Kirchgemeinde Jena lädt ein“. Auf Plakaten wird zu Lesungen mit Gabriele Eckard, Olaf G. Klein, Uwe Kolbe, Lutz Rathenow, Rüdiger Rosenthal, Rainer Schedlinski, Rolf Schneider, Lothar Trolle, Matthias Vernaldi, Maja Wiens, Knut Wollenberger, zu Konzerten mit Stephan Krawczyk und Freya Klier oder der Band Gitarrenbrüder sowie zu Ausstellungen mit Werken von Harald Hauswald oder Peter Wawertzynek eingeladen. Selbstdarstellung, Einladungen, Arbeitslisten, Protokolle, Notizen und Korrespondenzen dokumentieren die Arbeitsweise der Gruppe.
Daneben umfasst die Sammlung Kopien aus den Operativen Vorgängen „Kreuz“ und „Dach“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) aus Grunds Akteneinsicht. Hier sind neben MfS-Berichten zu Akteuren der OA der Jungen Gemeinde (JG) Stadtmitte Jena auch Berichte zu Veranstaltungen der Jenaer Gruppe Künstler für Andere überliefert.
Ergänzt wird der Bestand um Materialsammlungen zur JG Stadtmitte Jena aus den Jahren 1996 bis 2002 und zum Rüstzeitheim Braunsdorf der Jahre 1998/1999.
Thomas "Kaktus" Grund, 1953 in Jena geboren, gehört ab den 1970er Jahren zu den Akteuren der Offenen Arbeit (OA) der Jungen Gemeinde (JG) Stadtmitte Jena. Den Kernbestand der Sammlung bilden Materialien der JG Stadtmitte Jena aus den 1970er und 1980er Jahren. Kirchliche Amtskalender von Grund, Positionspapiere, Veranstaltungsinformationen und gesellschaftskritische Text- und Lyriksammlungen verdeutlichen deren Themen und Aktionen. Die umfangreiche Fotosammlung dokumentiert Veranstaltungen, Aktionen, Konzerte, Feiern, Wanderungen, Radtouren, Tramptouren und Reisen der JG. So sind beispielsweise auch Fotodokumentationen der von der JG aufgeführten gesellschaftskritischen Theaterstücke von Thomas Neubauer aus den 1970er Jahren enthalten.
Magnettonbänder, Kassetten und Super-8-Filme beinhalten Ton- und Bildmaterial, welches Grund im Rahmen der OA Jena und der OA Thüringen in den 1970er und 1980er Jahren aufnimmt und über sein Mitte der 1980er Jahre gegründetes Label Hinterhofproduction (HP) Jena verbreitet. Filmaufnahmen aus der OA Jena sind „Prediger in der Wüste“ (Taufkreises Jena, M. Stanescu), „Von einem der auszog…“, „Hartroda“, „Jena“, „Der Augenzeuge“ und „Piss for Peace“. Konzert- und Proberaummitschnitte der Punk-, Independent-, Blues- und Liedermacherszene enthalten „Kuno“ (Christian Kunert), „Ulysses“, „Pastor“, „Wind, Sand und Sterne“, „Airtramp“, „Antitrott“, „Pasch“, „Montagsband“, „Gefahrenzone“, „Die Fanatischen Frisöre“, „Sperma Combo“, „Die Chaoten“, „Ulrike am Nagel“, „Kalabatek Exzek“, Karsten Troyke und Götz Lindenberg. Aber auch Veranstaltungsmitschnitte zu den Jugendgroßveranstaltungen der OA Saalfeld/Rudolstadt „JUNE 79“ und „Jugend 86“ oder zur Friedensdekade 1985 konturieren unangepasste Musik- und Jugendkultur in der DDR.
Grund beginnt 1981 eine Ausbildung zum Jugenddiakon im Burckhardthaus Berlin und ist von 1982 bis 1991 als Kirchensteuerkassierer im Dienst des Evangelisch-Lutherischen (Ev.-Luth.) Kirchenkreises Jena tätig. So bildet der Vorlass von Grund auch einzelne Prozesse und Inhalte der sozialdiakonischen Jugendarbeit der Ev.-Luth. Kirche in der DDR der 1970er bis 1980er ab. Im Bestand überliefert sind kirchliche Arbeitspapiere, Informationsmaterialien und Geschäftsunterlagen der Kirchengemeinde Jena, Materialmappen zu den Friedensdekaden der Ev.-Luth. Kirche (1987-1989), Texte zu Frieden, Abrüstung und Ökumene – aber auch Konzepte, Positionsbeschreibungen und Korrespondenzen aus den Jahren 1982 bis 1985, welche Einblick in die Diskussionen um die Verortung der OA innerhalb der sozialdiakonischen Jugendarbeit geben.
In vielfältigen Auseinandersetzungen mit staatlichen Einrichtungen und Behörden engagiert sich Grund gegen Diskriminierung und Kriminalisierung Jugendlicher im DDR-Alltag. Dieser Einsatz geht besonders aus einer umfangreichen Sammlung mit Eingaben, Beschwerden, Ordnungsstrafen sowie Gedächtnisprotokollen zu polizeilichen Übergriffen in Jena und Saalfeld aus den Jahren 1971 bis 1988 hervor.
Eine kleine Plakatsammlung (1987 bis 1989) entspringt Grunds Verbindungen zu den Gruppen „Kirche von Unten“, „Leseladen Jena“ und „Künstler für Andere“.
1976 wird Grund während der Jenaer Ereignisse um die Biermann-Ausbürgerung zur Mitarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gedrängt. 1982 gelingt ihm mit Unterstützung von Freunden innerhalb der Kirche der Ausstieg. Im Jahr 1985 eröffnet das MfS einen Operativen Vorgang (OV) gegen Grund, ein weiterer OV folgt 1988. Die Aufarbeitung und Auseinandersetzung von Grund mit diesem Teil seiner Biografie ist in Interviews und umfangreichem Forschungsmaterial, welches unter anderem aus der Mitarbeit an der Publikation des ThürAZ „Die Andere Geschichte. Kirche und MfS in Thüringen“ stammt, im Bestand enthalten. Eine Studie zur Geschichte der JG Stadtmitte Jena ab 1968 stellt die Material- und Interviewsammlung „JG-Heft“ von Grund aus dem Jahr 1996 dar. 1994 ist Grund an der Gründung des Matthias Domaschk Archiv – heute Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ (ThürAZ) im Verein Künstler für Andere – beteiligt. Hier sind Satzungsentwurf, Mitgliederlisten, Zeitungsartikel und Arbeitsprotokolle überliefert.
Grüne Jena(Provenienzsammlung)
Laufzeit: 1983 - 2000
Bezugsorte: Berlin, Erfurt, Jena
Umfang: 3 lfm.
Signatur: GJ
Die Sammlung Grüne Jena umfasst hauptsächlich Arbeitsordner und persönliche Unterlagen von dessen Gründungsmitglied Olaf Möller.
Studienunterlagen Olaf Möllers von der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena Sektion Mathematik mit Material der Freien Deutschen Jugend (FDJ) Grundorganisation (GO) „Karl Marx“ von 1983 bis 1988.
Sitzungsunterlagen Olaf Möllers von der Interessengemeinschaft (IG) Stadtökologie Jena von 1989 bis 1993 sowie Informationen zu den Weltumwelttagen in Jena bis 1996.
Arbeitsordner Olaf Möllers mit Unterlagen der Geschäftsführung und programmatischen Unterlagen aus der Gründungsphase des Grünen Kreisverbandes Jena von 1990 bis 1994, dabei Material und Korrespondenz der Grünen Partei Thüringen und der Grünen Partei Hauptgeschäftsstelle Berlin.
Zeitung Thüringer Alternative der Liste 10 zur Thüringer Landtagswahl 1990 und Zeitungen Thüringer Alternative der Landtagsfraktion Neues Forum/ Grüne/ Demokratie Jetzt von 1991 bis 2000.
Guthke, Reinhard(Privatsammlung)
Laufzeit: 1983 - 1991
Bezugsorte: Berlin, Dresden, Jena
Umfang: 0,2 lfm.
Signatur: P-GR
Korrespondenz des Ökumenischen Arbeitskreises "Konzil des Friedens" Jena in Vorbereitung der Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in der DDR (ÖV) 1986 bis 1988 sowie Material der ÖV 1988 bis 1989.
Material aus der Mitwirkung Guthkes an der Gründung des Demokratischen Aufbruch Kreisverband Jena und im Arbeitskreis Wahlrecht der Kirchgemeinde Jena von 1989 bis 1990, sowie als Vorsitzender des Ausschusses für Energie und Umweltschutz der Stadtverordnetenversammlung Jena von 1989 bis 1991.
Korrespondenz aus Bestrebungen zur Vergangenheitsbewältigung am Zentralinstitut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie (ZIMET) 1989 bis 1990.